Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 28./29.05.1983
Kopfschütteln über einen Mohren
Ratsherren in Pastetten wollen "keinen Neger" im Wappen haben
PASTETTEN - So wie
Buchs Gemeinderäte sich anfänglich gegen den Stierkopf in ihrem
Gemeindewappen wehrten, so haben die Pastettener Ratsmitglieder
ganz entschieden etwas gegen den Mohrenkopf einzuwenden, den
Heraldiker Karl Borst vorgesehen hat und der auch vom
Staatsarchiv genehmigt wurde. "Auf den Neger bin ich nicht
scharf, ich tät sag'n, lieber kein Wappen", meinte
Gemeinderat Martin Neumaier stellvertretend für viele Kollegen.
In der Geschichte der Gemeinde Pastetten gibt es einen Bischof
Abraham von Freising, und der eben führte den Mohrenkopf in
seinem Wappen. Später waren einmal die Preysings Besitzer der
Gemarkung, und deswegen hatte Borst als zweites Element eine
silberne Zinnenmauer aus deren Familienwappen in seinen Entwurf
eingebracht. Graphisch hatte er das Problem eigentlich zur
Zufriedenheit des Gremiums gelöst: In der oberen Hälfte des
Wappens war der Mohr zu sehen, der eine rote Krone trug; die in
der unteren Hälfte abgebildeten silbernen Zinnen waren an der
Oberkante ebenfalls rot eingefaßt, und diese unregelmäßige
rote Linie bildete die Mitte des zukünftigen Hoheitszeichens der
Gemeinde.
Aber der dominierende Mohr! "Mir ham in der ganzen Gmoa net
oan Neger", meinte Neumaier verzweifelt, worauf Josef
Berghofer zu bedenken gab: "Aber viele Schwarze!" Dr.
Plodeck brachte mit seinem Hinweis "Auf die rote Krone kommt
es an" auch die andere Richtung ins Gespräch, die im
Pastettener Gemeinderat allerdings nicht vertreten ist. Immer
wieder fragten sich die Räte, ob es denn wirklich kein anderes
Emblem gebe, das mit Pastettens Geschichte in Verbindung zu
bringen sei. Man einigte sich schließlich, Heraldiker Borst zu
der nächsten Sitzung zu laden, damit man ihm das Problem
vortragen könne.
S.Q.
Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 13.06.1983
Im Pastettener Gemeindewappen
Mohr darf nicht Hauptperson sein
Auch Nachhilfe in Geschichte kann Gemeinderäte nicht überzeugen
PASTETTEN - In seiner jüngsten Sitzung hat
der Pastettener Gemeinderat noch einmal über den
"Mohrenkopf" als Bestandteil des neuen Gemeindewappens
diskutiert. Die Räte, die dies Emblem abgelehnt hatten, ließen
sich nun von einem Schreiben des Kreisheimatpflegers Schierl und
von den Ausführungen des Heraldikers Borst überzeugen, daß es
sich bei diesem geschichtsbezogenen Motiv um eines der ältesten
Wappenbilder handelt. Der Mohrenkopf im Hauptfeld des Wappens
aber wurde nach wie vor von einigen Gemeindevertretern abgelehnt.
Wie bereits berichtet, war der erste Entwurf Karl Borsts, bei dem
der Mohrenkopf das obere Feld eines zweigeteilten Wappens
schmückte, während im unteren eine silberne Zinnenmauer zu
sehen war, abgelehnt worden. "Auf den Neger bin ich net
scharf", hatte ein Gemeinderat gemeint, und auch seine
Kollegen konnten zwischen dem mit einer roten Krone versehenen
Mohrenkopf und ihrer Gemeinde keinen Bezug herstellen. Auch als
sie erfuhren, daß der Mohrenkopf aus dem Wappen des Bischofs
Abraham von Freising stammte, der in der Geschichte Pastettens
einmal eine Rolle spielte, blieben sie bei ihrer ablehnenden
Haltung.
In der jüngsten Sitzung nun verlas Bürgermeister Wwilhelm
Sandtner ein Schreiben von Kreisheimatpfleger Wolfgang Schierl,
in dem dieser festhielt, daß der Mohr im Freisinger
Bischofswappen bereits 1316 das erste Mal auftauche, während der
Bär erst im 15. Jahrhundert dazugekommen sei. Der Mohr, so
Schierl, stamme aus schlechtgeprägten Freisinger Münzen und
habe ursprünglich den heiligen Korbinian dargestellt. Es handele
sich hier um eines der ältesten Wappenbilder, das sich als
spezifisches Attribut sehr für ein attraktives Gemeindewappen
eigne, schrieb der Kreisheimatpfleger. Der geladene Karl Borst
erklärte außerdem, daß der Mohrenkopf ein nicht änderbares
Motiv des Hochstifts Freising sei und ein Verzicht auf das Emblem
im Wappen die endgültige Aufgabe auf die historische Herkunft
und Geschichtsbezogenheit des Pastettener Gemeindewappens
bedeute.
Die Diskussion ergab dann, daß vor allem der Mohrenkopf im
Hauptfeld des Wappens auf Widerstand stieß. Vorschläge der
Gemeinderäte, wie zum Beispiel: die Zinne oben, den Mohrenkopf
unten oder Rautenmuster oben, unten Zinne mit Mohrenkopf, sowie
irgendein anderes Bischofssymbol oder ähnliches, wurden von
Borst jedoch abgelehnt. Er hielt sie entweder nicht für
genehmigungsfähig oder heraldisch nicht für sinnvoll.
Schließlich einigte man sich auf den Vorschlag eines
dreigeteilten Wappenentwurfes, der den Mohrenkopf im rechten
oberen Feld und einen Bischofsstab im linken, sowie die Zinne
unverändert im unteren Feld zeigt.
S.Q.
Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 20.06.1983
Wie Pastetten zu einem Mohren kam
Symbol des Hochstiftes Freising nach langem Hin und Her in das Gemeindewappen aufgenommen
PASTETTEN - Obwohl die
Gemeinderäte in der ganzen "Gmoa" keinen einzigen
Farbigen ("dafür aber viele Schwarze") ausmachen
konnten, Pastetten auch sonst "nix mit Afrika zu tun"
hat, wird das nun in Auftrag gegebene Gemeindewappen der im
Landkreis Erding liegenden Kommune in der oberen Hälfte von
einem "Mohrenkopf" geziert sein. Fünf Jahre lang hatte
sich der Gemeinderat mit dem Wappenproblem herumgeschlagen, denn
immer war ein Beschluß an dem Mohren gescheitert, für den sich
keiner erwärmen konnte. Der ursprünglich beauftragte Heraldiker
war darüber gestorben und als Bürgermeister Wilhelm Sandtner
sich auf die Suche nach einem neuen machte, legten seine Räte
ihm nahe, einen "Jungen" mit der Aufgabe zu betrauen.
In dem Fraunberger Karl Borst fand Sandtner dann auch einen, der
"zwar nicht mehr ganz jung ist, aber gesund ausschaut";
die Hoffnung der Gemeindevertreter jedoch, daß dieser sie im
Kampf gegen den Mohren unterstützen werde, trog.
Auch Borst hielt dieses alte Symbol des Freisinger
Bischofswappens für "zwingend" und erhielt dabei
Schützenhilfe von Kreisheimatpfleger Wolfgang Schierl, der den
Pastettenern ins Stammbuch schrieb, daß der Mohrenkopf eines der
ältesten Wappenbilder sei und sich als spezifisches Attribut
ausgezeichnet für ein attraktives Gemeindewappen eigne. Mit zehn
zu zwei Stimmen gaben die Räte jetzt nach und somit dürfte nun
auch bald die letzte Gemeinde des Erdinger Landkreises über ihr
eigenes Hoheitszeichen verfügen, auch wenn man den Bürgern erst
noch erklären muß, was es mit dem Mohren auf sich hat.
Dazu muß man wissen, daß die Freisinger Bischöfe lange Jahre
Besitzer der Hofmark Pastetten waren, die schon 957 in Verbindung
mit einem Bischof Abraham das erstemal genannt wird. Und bereits
1316 tauchte der Mohr im Freisinger Bischofswappen auf, der laut
Schierl aus schlechtgeprägten Freisinger Münzen stammt und
ursprünglich den heiligen Korbinian darstellte. "Weil die
Lippen so wulstig ausgefallen waren, haben Heraldiker ihn später
irrtümlich einmal als einen der Heiligen Drei Könige
gedeutet", vermutete Karl Borst, der im übrigen nicht müde
wurde, die Gemeinderäte davon zu überzeugen, daß sie auf das
geschichtsträchtige Motiv des Hochstifts Freising doch stolz
sein müßten, und daß das Staatsarchiv mit ziemlicher
Sicherheit andere, nicht geschichtsbezogene Wappenmotive nicht
genehmigen werde. "Ein Verzicht auf den Mohrenkopf im Wappen
wäre eine endgültige Aufgabe der historischen Herkunft und
Geschichtsbezogenheit des Pastettener Gemeindewappens",
meint er.
Der Mehrzahl der Gemeindevertreter wurde langsam klar, "daß
uns der Mohr nicht erspart bleibt". Und daß er mit seiner
roten Krone und dem silbernen Kragen "einmalig gut"
dargestellt sei und sich sehr plastisch vor dem goldenen
Hintergrund abzeichne, darüber gab es keinen Zweifel. Auch gegen
die untere Hälfte des Entwurfs, in der auf rotem Grund die
silbernen Zinnen aus dem Familienwappen der Preysings abgebildet
waren, hatte man nichts einzuwenden. Die Preysings waren auch
einmal Herren in Pastetten gewesen und unter den Zinnen konnte
man sich doch noch etwas vorstellen. Die Burg war eben besonders
wehrhaft gewesen. Aber der Mohr! Wer sollte da schon einen Bezug
herstellen können?
Die Diskussion drehte sich im Kreis und als ein
Gemeinderatsmitglied gar meint, lieber solle man doch ganz auf
das Wappen verzichten, da versuchten andere die Lösung darin zu
finden, den dominierenden Mohren mehr in eine Ecke abzudrängen,
ihn gleichsam aus dem Blickfeld herauszunehmen. Aber fast alle
Symbole, die sie statt dessen vorschlugen, wurden von dem
Heraldiker als nicht genehmigungsfähig oder aber als heraldisch
nicht sinnvoll verworfen; nur das Motiv eines Bischofsstabes
vermochte er zu akzeptieren.
"Es soll ja der Korbinian sein"
Man einigte sich auf ein
dreigeteiltes Wappen, in dem oben Bischofsstab und Mohrenkopf und
unten die Zinnen dargestellt sein sollten. Doch als dieser
Entwurf dann vorgelegt wurde, da erwachte plötzlich das
künstlerische Empfinden in den Ratsmitgliedern. Sie erkannten,
daß weniger oft mehr ist, überwanden sich und ihre Abneigung
gegen den ungeliebten Mohren und entschieden sich mit zehn zu
zwei Stimmen für das zweigeteilte Wappen, in dessen oberer
Hälfte nun der Mohr in seiner ganzen Schönheit zu sehen ist.
"Schließlich soll es ja der heilige Korbinian sein",
meinte man und dachte wohl im Stillen, warum den Pastettenern
nicht billig sein könne, was den Freisingern jahrhundertelang
für ihr Bischofswappen recht war.
Sieglinde Quast
Borst-Entwurf zu Buch:
Gemeindefahne gefällt auch dem "Mohrenfeind"
Pastetten (wöl) -
"Mit der Diskussion über den Mohrenkopf im Gemeindewappen
haben wir in der letzten Sitzung glatt vergessen über die
Anschaffung einer Gemeindefahne zu beraten", wies
Bürgermeister Sandtner auf der jüngsten Gemeideratssitzung das
Plenum hin und unterbreitete gleichzeitig einen Entwurf des
Heraldikers Carlo Borst, der eine rot-weiß unterteilte Fahne,
auf der das Gemeindewappen abgebildet ist, ausgearbeitet hat.
Selbst Gemeinderat Martin Neumaier, der sich vehement gegen den
Mohrenkopf im Wappen gesträubt hatte, mußte zugeben: "Ei,
ei, dös werd' ja ganz schee!" Auf die Kosten angesprochen,
erklärte Bürgermeister Sandtner, es lägen keine konkrete
Zahlen vor, worauf wiederumg Martin Neumaier die Kostenfrage vom
Tisch wischte: "A solche muaß her!"
Überrascht vom Sinneswandel Neumaier fragten einige Räte
verdutzt: "Gfällts dir jetz doch no?" Offenscihtlich
gefiel nicht nur Martin Neumaier der Entwurf der Gemeindefahne,
so daß sich das Plenum einstimmig für die Anschaffung derselben
aussprach.
...
Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 05.09.1983
Pastetten legt sich auch eine Fahne zu
PASTETTEN - Vor
"lauter Diskussion um den Mohrenkopf" habe man bei der
vorherigen Sitzung ganz vergessen, ob die Gemeinde sich neben dem
neuen Wappen auch eine Fahne zulegen solle, hat Pastettens
Bürgermeister Wilhelm Sandtner beim jüngsten Treffen der
Gemeinderäte in Erinnerung gebracht. Sandtner legte den Entwurf
des Heraldikers Borst vor, der allgemein auf Zustimmung stieß.
Da für die Fahne nur die Farben aus dem Wappen in Frage kommen
(nämlich Silber, Rot und Schwarz), hatte Borst ein Fahne
entworfen, die auf der linken Hälfte weiß (silber) und auf der
rechten Hälfte rot war. In der Mitte des Tuches befand sich das
Wappen und von dieser Ausführung zeigten sich alle Räte
angetan. Daß eine Fahne "her" müsse, darüber
herrschte Einigkeit. "Wenn wir schon zum Wappen 'ja' gesagt
haben, dann auch hierzu", meinte Martin Neumaier, bat aber
darum, den von ihm bis zuletzt abgelehnten "Mohren" (er
stammt aus dem Freisinger Bischofswappen) "wenigstens so
freundlich wie möglich" darzustellen. Gegenüber dem ersten
Entwurf, so beteuerte der Bürgermeister daraufhin, "schaut
der Mohr jetzt doch viel freundlicher!"
Schließlich habe man für die Gesichtskosmetik ja auch extra
zahlen müssen "und jetzt muß er doch selbst dir
gefallen", wurde Neumaier von seinen Kollegen bedrängt.
"Er schaut dir doch schon fast ähnlich", meinte einer,
was Neumaier aber mit dem Hinweis auf die bei ihm ja wohl nicht
vorhandenen "aufgeworfenen Lippen" energisch
zurückwies.
S.Q.
Pastetten hat ein Wappen
Pastetten (ea) -
Die Regierung von Oberbayern hat zugestimmt, daß die Gemeinde
Pastetten ein Wappen annimmt und eine Fahne führt. Die
Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns gibt von dem
Wappen folgende Beschreibung: "Geteilt von Gold und Rot;
oben ein rot gekrönter Mohrenkopf, unten eine silberne
Zinnenmauer".
Geschichtlich läßt sich dieser Inhalt des Hoheitszeichens wie
folgt begründen: Pastetten wird
bereits im 10. Jahrhundert in einer Urkunde des Bischofs Abraham
von Freising erwähnt. Seit Ende des 15. Jahrhunderts ist
Pastetten als Hofmark im Besitz der adeligen Familie Preysing
nachweisbar. 1682 verkaufen die Preysing die Hofmark Pastetten
(mit der dazu gehörenden Hofmark Kopfsburg) an das Hochstift
Freising. Diese historischen Beziehungen wurden im Wappen durch
den Mohrenkopf aus dem Freisinger Bistumswappen und durch die
silberne Zinnenmauer aus dem Wappen der Preysing festgehalten.
Die Fahne zeigt zwei Streifen in der Farbenfolge Weiß-Rot.
Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 24.02.1984
EIN NEUES WAPPEN hat die Gemeinde
Pastetten erhalten. Landrat Hans Zehetmair (links) überreichte
anläßlich der Bürgerversammlung in Pastetten an Bürgermeister
Wilhelm Sandtner den Wappen-Entwurf, in dem zwei historische
Symbole der Gemeinde vereinigt sind: der Mohrenkopf aus dem
Freisinger Wappen sowie die Preisingschen Zinnen. Die Hofmark
Pastetten wechselte im Mittelalter abwechselnd in den Besitz
Freisings und des Geschlechts der Preisings zu Kopfsburg über.
Ein "gesundes Spiegelbild unseres Rechtsstaats" sieht
Landrat Hans Zehetmair im neuen Gemeindewappen von Pastetten
ausgedrückt. Der Mohr im Wappen, führte Zehetmair humoristisch
vor den Pastettener Bürgern aus, solle nicht bedeuten,
"daß ihr alle schwarz werdet". Da im Wappen auch die
Farbe Rot auftauche, zeige sich "die Pluralität unseres
Systems". Er, Zehetmair, hoffe, daß sich in der Gemeinde
"die Farben gut vertragen".
st
Erdinger Neueste Nachrichten (Lokalteil der Süddeutschen Zeitung), 18.06.1993.
Wappen im Landkreis
PASTETTEN gehört zu
den alten Ansiedlungen im Rodungsgebiet am Nordrand des
Ebersberger Forstes. Bereits im 10. Jahrhundert wird Pastetten in
einer Urkunde des Bischofs Abraham von Freising erwähnt. Etwa
1483 erhielt die adelige Familie Preysing zu Kopfsburg, die auch
Pastetten besaß, für ihre Besitztümer die
Hofmarksgerechtigkeit. 1692 wurde der Besitz an das Hochstift
Freising verkauft. Der Mohrenkopf auf gelbem Grund weist auf
diese historische Beziehung hin. Die silberne Zinnenmauer stammt
aus dem Wappen der Preysing. Dies ist historisch durch einen
Grabstein belegt, der sich heute an der Nordwand der
Wallfahrtskirche Heilig Blut befindet. Auf dem Marmor ist der
Name Maria Anna Adelheid Preysing, verh. Seinsheim (gest. 1767)
zu lesen.
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Abbildung
Diese Webseite wurde zuletzt geändert am 29.10.1999 von Marcus Schmöger