Die Wappen und Flaggen des Landkreises Erding (Oberbayern)
Grüntegernbach (Hauptseite)

Grüntegernbach ehemalige Gemeinde Textquellen

Oberbayerisches Archiv Bd. 79 (1954), S. 159, 161.

Grüntegernbach (Landkreis Erding)

Wappen: Schild geteilt; oben in Rot gekreuzt ein goldener und ein silberner Schlüssel; unten Eisenhutfeh (ministerielle Zustimmung durch Entschl. vom 6. Juli 1954 Nr. I B 1 - 3000 - 29 G/10).
Das Wappen lehnt sich an die historischen Wappen zweier bedeutender ehemaliger Grund- bzw. Hofmarksherrschaften an. Mit der Bildung der Hofmark im 16. Jahrhundert ist das Geschlecht der Grafen von Pappenheim verbunden, das damals auch das nahe Schloß Schwindegg besaß. 1646 gelangte die Hofmark Grüntegernbach durch Kauf an das Fürststift Berchtesgaden, das sie zusammen mit den stiftischen Hofmarken Wasentegernbach, Jettenstetten, Breitenloh, Eibach und Haus durch sein Pflegamt in Wasentegernbach verwalten ließ. Das Eisenhutfeh, ein sog. heraldisches Pelzwerk (mit dem einst die Kampfschilde überzogen waren), ist das Stammwappen der Marschälle von Pappenheim. Das seit dem 15. Jahrhundert bekannte Hauptwappen des Stiftes Berchtesgaden sind die beiden Schlüssel des Hl. Petrus als des Stiftspatrons.


Press, E. et al. (1963): Im Zeichen des Pferdes - Ein Buch vom Landkreis Erding. Erding (Landkreis Erding), S. 260.

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Die Zugehörigkeit Grüntegernbachs zu Pappenheim und Berchtesgaden kam bei der Verleihung des Gemeindewappens 1954 zum Ausdruck: "Geteilt, oben in Rot gekreuzt ein goldener und ein silberner Schlüssel, unten Eisenhutfeh."
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Schöberl, H. (1979): Das Wappen der ehemaligen Gemeinde Grüntegernbach. in: Fahnenweihe der Freiwilligen Feuerwehr Grüntegernbach am Freitag, 8., Samstag, 9. und Sonntag, 10. Juni 1979, S. 35-39.

Das Wappen der ehemaligen Gemeinde Grüntegernbach
(von Hauptlehrer i.R. H. Schöberl)

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Gemeinden bestrebt, sich ein neues Gemeindewappen anzuschaffen, das auch als Gemeindesiegel Verwendung finden sollte. Angeregt durch einen Zeitungsartikel ging der damalige Bürgermeister Georg Müller (gest. 1975), Unterzeil, daran, auch für unsere Heimatgemeinde Grüntegernbach ein eigenständiges Wappen zu erforschen. Müller war ein aufgeschlossener und kunstsinniger Mann, der jedem Fortschritt zugetan war.
Er wandte sich an die damalige "Bayerische Gemeindezeitung". Diese verwies ihn an das Bayerische Staatsarchiv in München, das für die Unterlagen zur Beschaffung eines Wappens zuständig war. Am 9. 9. 53 ging ein diesbezügliches Ansuchen über das Landratsamt an die zuständige Stelle.
Verschiedene Voraussetzungen waren für die Schaffung eines Wappens zu erfüllen. Eine solche wäre ein mögliches früheres Gemeindewappen oder Siegel, auch ein besonderes Merkmal oder eine besondere Bedeutung des Ortes. Auch in heraldischer und künstlerischer Form mußte das Wappen entsprechen. Es sollte zunächst die Geschichte der Gemeinde nach Anhaltspunkten für eine Wappengestaltung überprüft werden.
Dies geschah durch das Bayer. Hauptstaatsarchiv mit folgendem Ergebnis: Nach der Auslegung einiger urkundlicher Quellenstellen ist Grüntegernbach bzw. Innertegernbach bereits in den Jahren 864-874 erwähnt. Seit Anfang des 14. Jahrhunderts ist auch ein Ortsadel von Tegernbach oder Tegernbeck urkundlich feststellbar. Da in Grüntegernbach selbst ein eigener Herrensitz nicht nachweisbar bzw. bekannt ist, in dem benachbarten Wasentegernbach aber ein Burgschloß sich befand, auf dem von 1392 bis 1582 die Edlen von Layming und nachher bis 1803 die Pflegsbeamten der Fürstprobstei Berchtesgaden saßen, wird man die frühesten Nachrichten von Tegernbach auf Wasentegernbach beziehen müssen, sofern nicht ein Zusammenhang mit einem anderen Tegernbach gegeben ist, näher liegt. Die spätere Geschichte von Kirch- bzw. Innertegernbach könnte einige Anhaltspunkte für eine Anlehnung des Gemeindewappens an ein altes Adelsgeschlecht oder Klosterwappen bieten. Seit dem 16. Jahrhundert bis 1803 bestand in Kirchtegernbach eine eigene Hofmark, die ursprünglich mit der Hofmark Schwindegg verbunden war und 1646 durch Kauf an das Stift Berchtesgaden überging, das sie mit seiner schon 1582 erworbenen Hofmark Wasentegernbach und seinen Hofmarken Jettenstetten, Breitenloh, Eibach und Haus durch das Pflegamt (Probstei) in Wasentegernbach verwalten ließ. Über 150 Jahre war also die Fürstprobstei Berchtesgaden Herr der Hofmark Wasentegernbach. Zu ihr gehörten nach dem "Rustikal-Steuerkataster" wie auch Lagerbuch des Steuerdistrikts Grüntegernbach von 1815 13 Anwesen, vor allem in Grüntegernbach selbst und den größeren zur Gemeinde gehörenden Ortschaften. Daneben gab es auch noch einen größeren Lehensbesitz. So stand das Obereigentum über 12 Lehen der Graf Preysingschen Lehensstube in Kronwinkl, über 10 Lehen der Baron Frauenhoferschen Lehensstube in Jettenbach, über 1 Lehen der Graf Sprettischen Lehensstube in Taufkirchen zu. Außerdem war ein landesherrliches Mannslehen (Allersburg) vorhanden. Etwa ein Drittel der insgesamt 94 Anwesen hatten geistliche Grundherren.
Weiter wurde noch festgestellt, daß die Hofmark Kirchtegernbach im 16. Jahrhundert im Besitz des Geschlechts der Marschälle von Pappenheim war. In den Landtafeln von 1510, und 1537 bis 1556 wird Ulrich von Pappenheim genannt.
Dem Hauptarchiv schien eine Anlehnung an die Wappen der ehemaligen Hofmarkherrschaften besonders passend. Durch Beziehungen der Gemeinde von längerer Dauer fallen in erster Linie die Pappenheimer und das Reichsstift Berchtesgaden auf. Die Marschälle von Pappenheim, deren Geschlecht noch heute blüht, führen ein Eisenhutfeh im Wappen, das Reichsstift Berchtesgaden zeigte in rot gekreuzt einen goldenen und einen silbernen Schlüssel als Attribute des Stiftpatrons St. Peter. Vorgeschlagen wurde, den Schild quer zu teilen und in das obere Feld das Berchtesgadener Wappen, in das untere das Pappenheimer Wappen zu setzen. Die Zustimmung der Familie Pappenheim müßte erholt werden. Kunstmaler Emil Werz, München, sollte mit dem Entwurf beauftragt werden.
Am 22. Febr. 1954 richtete Bgm. Müller ein Schreiben an S. Durchlaucht Ludwig Friedrich Graf von Pappenheim mit der Bitte, das Familienwappen in das zukünftige Wappen der Gemeinde Grüntegernbach aufnehmen zu dürfen.
Die Gräflich Pappenheimische Domizialverwaltung in Pappenheim zeigte sich mit Schreiben von 23. 2. 54 sehr erfreut über das Ansuchen, zumal dort festgestellt wurde, daß sich im Archiv kein einziges Dokument, ja nicht einmal ein Hinweis darauf bestand, daß sich jemals die Hofmark Grüntegernbach im Besitz der Grafen von Pappenheim befand. Die Familie bat um Hinweise über Unterlagen dieses ehemaligen Besitzes in Grüntegernbach.
Müller berichtete an die Fam. Pappenheim: Um 1536 bildeten die Besitzer des Rittergutes in Schwindegg in Kirchtegernbach eine Hofmark und in der bekannten Landtafel der niederbayerischen Herzöge sind Florian und Georg Pappenheim Marschalln in Kirchtegernbach aufgeführt. Hierauf kam die Hofmark an die Edlen von Haunsperg und sodann an Herzog Albrecht. Jedoch erwarben sie bald darauf die Edlen "Gobel" und endlich kam sie durch Kauf an das fürstlich freie Reichsstift Berchtesgaden, das schon einige Jahre früher den alten nahegelegenen Edelsitz Wasentegernbach an sich brachte. Ein Grabmal in der Pfarrkirche in Grüntegernbach bezeugt einen Maximilian Friedrich Graf Mohrenberg in Laufen und Schwindegg, im Jahre 1731 als Pfarrer in Grüntegernbach investiert bzw. allda im Jahre 1772 am 10. Oktober verstorben.
Mit Schreiben von 1. 3. 54 gab die Familie ihre Einwilligung zur Aufnahme des Wappens für die Gemeinde Grüntegernbach.
Am 8. 3. 54 beauftragte Bgm. Müller den Kunstmaler Emil Werz mit der Anfertigung eines entsprechenden Entwurfes. Dieser traf am 3. 4. 54 hier ein. In der Gemeinderatssitzung vom 12. 4. 54 beschloß der Gemeinderat: "In der heute abgehaltenen Gemeinderatssitzung beschloß der Gemeinderat Grüntegernbach, ein eigenes Wappen anzunehmen und zwar entsprechend dem von Kunstmaler Werz auf Vorschlag des Bayer. Hauptarchivs ausgeführten Entwurfs mit folgender Wappenbeschreibung: Geteilt, oben in rot gekreuzt ein goldener und ein silberner Schlüssel; unten Eisenhutfeh. gez. 1. Bgm. Müller, 2. Bgm. Loipführer Franz, Gemeinderäte: Rauchensteiner Benno, Franzl Georg, Maier Franz, Wagner Josef, Brandlhuber Benno, Franzl Nikolaus, Schriftführer Schöberl."
Am 30. 4. 54 mußte ein neuer Beschluß gefaßt werden, der lautete: "Der Gemeinderat beschließt, ein eigenes Wappen anzunehmen. Er erklärt sich einstimmig einverstanden mit dem vorliegenden vom Bayer. Hauptstaatsarchiv vorgeschlagenen und mit Schreiben vom 21. 4. 54 Nr. 14/75/1413 begutachteten vom Kunstmaler Werz gefertigten Entwurf, wonach die Wappenbeschreibung lautet: Schild geteilt, oben in rot gekreuzt ein goldener und ein silberner Schlüssel; unten Eisenhutfeh. Der Gemeinderat wird beauftragt, die Zustimmung des Bayer. Staatsministeriums des Innern zur Führung des Wappens zu erwirken." Unterschriften wie oben.
Am 6. 7. 54 gab das Bayer. Staatsministerium dem Ersuchen der Gemeinde Grüntegernbach statt. Das Landratsamt Erding gab am 29. 7. 54 Weisung: "Das neue Gemeindesiegel mit dem neuen Wappen ist nunmehr in Auftrag zu geben. Nach Fertigstellung sind drei Abdrucke des Gemeindesiegels dem Landratsamt vorzulegen."
Die Gräflich Pappenheimsche Domizialverwaltung, die auch Abdrucke vom neuen Dienstsiegel erhalten hatte, bedankte sich mit Schreiben vom 23. 7. 54 für das "wundervoll" ausgeführte Wappen und verband damit die besten Wünsche für das Blühen und Gedeihen der Gemeinde.
So fand also das Bemühen von Bgm. Müller einen erfolgreichen Abschluß.
Leider war es der Gemeinde nur gegönnt, dieses Wappen knappe 20 Jahre zu führen, denn im Zuge der Gemeindegebietsreform wurden die Gemeinden Grüntegernbach und Wasentegernbach im Jahre 1970 auf gemeinsamen Beschluß zusammengelegt und das Wappen war für die neue Gemeinde Tegernbach nicht mehr verwendbar. Nach weiteren 8 Jahren wäre das Wappen ein zweites Mal überflüssig geworden, denn am 1. Mai 1978 wurde die Gemeinde Tegernbach der Stadt Dorfen eingemeindet, was der letzte Bürgermeister der Gemeinde Tegernbach, Nikolaus Lohmeier (gest. 1978), durch seine langjährigen Bemühungen um eine Bildung einer großen Landgemeinde mit Schwindkirchen und Schiltern verhindern wollte.


Diese Webseite wurde zuletzt geändert am 31.10.1999 von Marcus Schmöger

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